Sonntag, 11. Oktober 2020

Erstmals Spontangärung!

Zum totalen Hardcore Biowein fehlte bisher noch der Verzicht von Schwefel und die Spontangärung. Letztere bedeutet, dass man keine Zuchthefe in die Maische gibt, sondern darauf zählt, dass an den Beeren genug wilde Hefen aus dem Rebberg oder dem Keller drauf sind. Ich hatte das schon mindestens zweimal versucht, aber es scheiterte entweder an meiner Ungeduld oder an offenbar schlechten Naturhefen v.a. anlässlich der Kirschessigfliegen Epidemie. Beide Male konnte ich durch nachträglichen Einsatz von Zuchthefe und auch mal Kupfer die Sache noch retten. 

Diesmal klappte es perfekt. Es ist wohl wichtig, dass man sehr reinlich umgeht mit dem Beerengut und trotzdem nicht zu viel wäscht, damit die Naturhefe an den Früchten bleibt. Zwei Tage nach dem Keltern begann es herrlich zu riechen und leicht zu schäumen.


In gewissen Jahren notierte ich mir den Gärverlauf. Aus den Daten gab's nun obiges Diagramm. Der mit dem Refraktometer gemessene Zuckerwert in °Oe stimmt zwar nicht absolut, da sich der Brechungsindex durch den sich entwickelnden Alkohol ändert, aber für den relativen Vergleich der verschiedenen Jahre spielt das keine Rolle. Am Ende der Gärung messe ich immer ca. 25°Oe. In Wahrheit hat es da natürlich keinen Zucker mehr drin. Es müsste also 0°Oe anzeigen. Das ist der oben erwähnte Offset-Messfehler.

Ist sehr interessant:

  • Ich liess den Saft jedes Jahr länger auf der Maische. Dieses Jahr 23 Tage.
  • 2014 hatte ich anfänglich Gärprobleme und musste nach 5 Tagen ein zweites Mal Zuchthefe beigeben.
  • Wenn man das berücksichtigt, waren die Gärungen mit Zuchthefe alle fast gleich. Und zwar sehr kurz. 6...7 Tage.
  • Die einzige Spontangärung von 2020 dauerte 10 Tage länger (16...17 Tage). 

Eine lange Gärung ist an sich positiv. Mal schauen, ob sich die Spontangärung dann auch in der Weinqualität niederschlägt. 1.5g Kaliumpyrosulfit gebe ich nun nach der Gärung doch noch dazu zum desinfizieren.

Schliesslich wird die Maische wie jedes Jahr von Hand mit einem Presssack leicht abgepresst. Es ergeben sich bescheidene 13 Liter Wein, die nun zum Klären im Glasballon bleiben.

Die Maische

Der Presssack
zuerst der Vorlaufwein und dann noch den Rest
von Hand nur leicht auspressen


was übrig bleibt: der Trester



Mittwoch, 9. September 2020

frühe Traubenlese 2020

Wie immer wümme ich an einem herrlichen Spätsommertag. Noch nie so früh allerdings: 5. September 2020.


von den Rehen gefressen

und zum Teil von den Wespen zerstört


Die beiden im Garten gesichteten Rehe haben nun doch noch Beeren gefressen. Und die Wespen haben auch noch Schaden zugefügt. Das sieht man an aufgeplatzten und/oder vertrockneten Beeren. Insgesamt ist die Ausbeute also eher tief. Tiefer als anfänglich erhofft. Die riesige 2018er Ernte erscheint jetzt ziemlich aberwitzig.

2020:

  • ungerappt 19kg
  • gerappt 17kg Beeren

Wägen der Trauben

in den Körben

leicht waschen ...

... und rappen


Und so sieht die Statistik der letzten 8 Jahre aus:

 

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Erntetag

3.10.

13.9.

19.9

25.9.

-

15.9.

-

5.9.

°Oe

50

55

67

74

-

60

-

70

ungerappt [kg]

30

?

34

?

-

?

-

19

Beeren [kg]

22

15

30

20

-

50

-

17

Ich begutachte jeweils schon beim Lesen jede Traube und zupfe alle schlechten Beeren weg. Dann alles in Körbe legen. Vor dem rappen die Trauben kurz im Wasser schwenken. Nicht zuviel, dass die natürliche Hefe dran bleibt. Denn diesmal versuche ich es nochmals mit Spontangärung. Letztes mal ging das irgendwie schief. Im Keller werden die Beeren dann mit einer Dachlatte gestampft.

  • 20ml Pectinase (Antigeliermittel) untergerührt
  • 70°Oe, also erfreulich
  • 580g Bio Kristallzucker beigegeben >> 92°Oe. Das sollte dann gut 12%vol. Alkohol geben
  • Sonst rein gar nichts beigegeben. Also weder Schwefel noch Hefe. Und es beginnt nach 2 Tagen leicht zu gären. Spontangärung! Juhui!

Jetzt wird täglich zweimal umgerührt, damit der Tresterhut aufgebrochen wird. Und die Oechsle werden gemessen. Sie sinken nun, je mehr es gärt. Bei ca. 25°Oe ist dann erfahrungsgemäss Schluss.

°Oe:

5.9.2020                      92

7.9.2020, Vormittag    88

8.9.2020, Abends       85


vor... 


... und nach dem keltern (stampfen, ursprünglich mit den Füssen)


Bio Zucker: damit es etwas mehr Alkohol gibt - ist gut für die Lagerbarkeit


Sonntag, 30. August 2020

Die Messung des Zuckergehalts in den Beeren bzw. im Most

Jetzt, wo es um den richtigen Erntezeitpunkt geht, habe ich mich mal mit den Zuckerwerten befasst. Diese werden auf unterschiedliche Art gemessen. Das heute einfachste Instrument ist das Refraktometer. Die Skalen bzw. Messeinheiten sind jedoch geografisch sehr unterschiedlich.


Handrefraktometer


Der Zuckergehalt bei der Traubenlese bestimmt mehr oder weniger den Alkoholgehalt des Weines. Bis zu einem gewissen Mass ist ein hoher Zuckergehalt qualitätsfördernd. Zucker bzw. Alkohol sind ja auch Aromentransporteure. Auch auf die Lagerfähigkeit hat der Alkohol einen positiven Einfluss. In unseren Breitengraden ist ein verhältnismässig tiefer Zuckergehalt normal. Und Piwi Trauben haben noch besonders tiefe Werte. Oechsle Werte so ab 70° sind also in meinem Hobby-Rebberg schon ein guter Wert. 

Historisch gibt es mehrere Messverfahren und Messskalen für Zucker:

  • In Deutschland, der Schweiz und Luxemburg wird das Grad Oechsle verwendet.
  • Im früheren Einflussbereich Österreichs, also den Ländern des ehemaligen Österreich-Ungarn sowie auch zum Teil in Italien ist heute noch die Klosterneuburger Mostwaage (KMW) gebräuchlich.
  • In Frankreich und Spanien ist Grad Baumé in Verwendung. Die Baumé-Grade entsprechen ziemlich exakt dem möglichen Alkoholgehalt, sofern aller Zucker in Alkohol umgewandelt wird.
  • In englischsprachigen Ländern und in Südamerika wird die Dichtemessungsskala in Grad Brix benutzt, die auch im obstverarbeitenden Gewerbe bekannt ist. Die ebenfalls in englischsprachigen Ländern verwendete Masseinheit Balling ist nahezu identisch und wird oft als „Brix-Balling“ ausgedrückt.
Eine klare Zusammenstellung aller Einheiten habe ich auf die Schnelle nicht gefunden. Als Ingenieur war es aber ein Leichtes, die gefundenen Formeln kurz in einer Excel-Tabelle darzustellen. Und hier ist sie. Ohne 100% Gewähr auf die letzte Kommastelle. Aber zur Bestimmung des Erntezeitpunktes reicht's: 




Es läuft erstaunlich gut im 2020

Bin es mir mittlerweile gar nicht mehr gewohnt, dass in meinem Bio-Rebberg keine Probleme auftreten 😁

Dieses Jahr habe ich im Winter (März) zum ersten mal nicht klassisch geschnitten und gebunden. Einfach gekappt und der Natur mehr oder weniger freien Lauf gelassen. Scheint vorteilhaft zu sein. Die Trauben sind jetzt höher oben als beim runterbinden im Bogenschnitt. Dadurch sind sie meiner Meinung nach besser platziert bezüglich Tieren und Nässe.


Das viele Laub muss natürlich schon immer wieder zurückgeschnitten werden.


Tiere (Dachs, Fuchs, Reh) hat's dieses Jahr bis jetzt keine. Die Kirschessigfliege ist irgendwie auch kein Thema mehr. Die Chlorose ebenso und die Pockenmilbe ist auch nur sehr beschränkt aktiv. In meiner Region, dem Zürcher Weinland, stöhnen sie aktuell wegen massivem Wespenbefall. Vor allem bei frühreifen Piwi Reben wie meinem Muscat Bleu. Ich hab zwar einige Wespen gesichtet, aber von einem Problem kann ich bisher (noch) nicht berichten.


herrlicher Anblick mit vielen Trauben


Die Beeren sind jetzt schon super süss. Ca. 70° Oechsle gemessen mit dem Refraktometer. Die Rebsorte ist ja vor allem bekannt für hervorragende Tafeltrauben. Kann ich wieder mal voll bestätigen. Nur die vielen und grossen Kerne sind da etwas ein Handycap. Im Prinzip könnte man jetzt lesen. Der Sommer 2020 war offenbar super gut für Reben. Keine extreme Trockenheit und Hitze wie in den Vorjahren. Vor Mitte September hab ich aber noch nie geerntet. Bei den nächsten Schönwetterperiode in den nächsten 1-2 Wochen geh ich aber dann ran. Bevor dann wieder Unbill auftaucht.





Freitag, 24. Juli 2020

Die Véraison

Wikipedia mein dazu:
Als Véraison [veʀɛzɔ̃] wird im Weinbau der Reifebeginn der Beeren bezeichnet, in dessen Zuge sich die Beeren aufhellen oder verfärben, ihr Zuckergehalt steigt und ihr Säuregehalt sich verringert. Im Vegetationszyklus der Weinrebe folgt die Véraison der Entwicklung von Blüten zu Beeren, wobei die Beeren vor Beginn der Véraison noch grün und hart sind und nur die Hälfte ihrer späteren Größe erreicht haben. Innerhalb der BBCH-Skala für Weinreben entspricht die Véraison dem Entwicklungsstadium 83.

Bei den Weißweinsorten färben sich die grünen Beeren grünweiß, weiß, gelb, gelbgrün, grau, rosa, rot oder purpur, bei den Rotweinsorten wandelt sich die Farbe von grün zu blau, violett oder schwarz.[1]
Auf der nördlichen Erdhalbkugel beginnt die Véraison – abhängig von Rebsorte und Wetter – gewöhnlich Ende Juli / Anfang August, auf der südlichen Halbkugel im Januar.[1] Die Véraison findet nicht bei allen Beeren gleichzeitig statt und hängt sowohl von pflanzlichen wie auch von Umwelteinflüssen ab. Die ersten Blüten entwickeln die ersten Beeren und bei diesen beginnt dementsprechend auch die Véraison zuerst. Darüber hinaus setzt die Véraison auch bei denjenigen Beeren zuerst ein, die einem besonders warmen Mikroklima oder leichtem Trockenstress ausgesetzt sind.

In der französischen Gemeinde Châteauneuf-du-Pape wird der Reifebeginn der Beeren alljährlich mit einer Fête de la véraison gefeiert.


Die Kurlimuser Beeren beginnen diesmal (erst) in der zweiten Julihälfte mit dem Farbumschlag.


Sieht alles sehr gut, prächtig und gesund aus. Fragt sich nur, ob das bis zur Ernte so bleibt...