Montag, 24. Mai 2021

Winterschnitt in zwei Etappen

Ende Februar sieht man nun, dass v.a. die Stöcke in der unteren Reihe schwächeln. Dünnes Holz. Eine Rebe hatte ja schon letztes Jahr gröbere Probleme. Ein Ast starb ab, obschon da Trauben hingen. 

Ich mache das beste draus. Schneide auch einige mehrjährige Zweige direkt am Kopf ab, damit die Köpfe wieder kompakter werden. Pro Stock lasse ich vorläufig 3…4 Ruten zu ca. 6 Augen stehen. Frostruten als Reserve.



Die Ersatzrebe in Form einer Regent

Und dann bis im Mai: So lange liess ich die Reben im Frühling noch nie einfach treiben. Mit mehreren Trieben pro Stock. Für einmal kein Frost, kurz vorbeigeschrammt. Jetzt treiben die Blättchen schön aus. Sofort werden sie aber rot und "buckelig". Das hiess doch mal Pockenmilbe vor paar Jahren? Aber ich mache ja rein gar nichts mehr mit Spritzmitteln und nach 2…3 Wochen ist der Spuk vorbei und die Blätter sind schön grün. Jetzt schneide ich noch min. 1 Rute ab, so dass 2…3 Ruten pro Stock übrigbleiben. Der Vorteil von so extrem spätem Schneiden ist, dass man jetzt besser sieht, welches die vitalen Triebe sind. Die Stöcke sind jetzt endlich wieder mal gut in Form geschnitten in dem Sinne, dass die Triebe nahe am Kopf austreten. Es "blutet" halt stark, d.h. es tritt Wasser aus den Schnittstellen.

Der oben erwähnte Stock in der unteren Reihe, der schon länger schwächelte ist nun ganz tot. Alles dürr bis in die Wurzel runter. Keine Ahnung weshalb. Ich grabe die Rebe aus und kaufe bei Hauenstein eine bereits ca. 3-jährige Topfrebe (ca. CHF 40). Muscat Bleu gibt’s aktuell keine mehr. Also nehme ich eine Regent. Mal sehen, wie sich die unterscheidet. Vom Wein her wohl besser als MB aber eher weniger pilzresistent. Das nasse Wetter im Mai ist gut für den neuen Stock in meinem Rebberg. Ich dünge alle Reben ziemlich intensiv mit Bio-Beerendünger und ebenso mit Eisengranulat (gegen Chlorose).

 

Freitag, 15. Januar 2021

Winter in den Kurlimuser Reben

Endlich wieder mal Winter im Unterland! Den Reben macht das nicht's aus. Im Gegenteil: es isoliert von der Kälte.




Im Keller wartet der 2020er immer noch im Glasballon auf seine Flaschenabfüllung. Bin grad am Etiketten Design...





Samstag, 21. November 2020

Wieder mal Böckser - doch alles wird gut

Leider erst nach ca. 4 Wochen roch ich zum ersten Mal am Ballon und oh Schreck: wieder starker Böckser wie im 2016. Es riecht diesmal mehr nach Schwefel als nach Lauch. Hätte wohl früher von der Hefe abheben sollen. Das holte ich sofort nach und gab 2.5g Kupzit dazu. Das ist im Bioweinbau zugelassen. Ist Kupfercitrat.

Die Arbeitsgemeinschaft landwirtschaftlicher Versuchsanstalten (D) meinte dazu an der Jahrestagung 2001 in Wolfpassing (Internet):

Das Auftreten von böckserartigen Fehltönen bei der Weinbereitung ist ein altes, aber immer noch häufiger festzustellendes Problem. Als Ursachen werden in erster Linie die Anwendung von Schwefel und schwefelhaltigen Verbindungen bei der erforderlichen Schädlingsbekämpfung im Weinberg, die Hefen des Gärprozesses, eine unzureichende Hefeernährung und ein erhöhter Trubgehalt im Most angesehen. Durch die Auswahl geeigneter Reinzuchthefen und eine gezielte Hefeernährung kann die Häufigkeit der Böckserbildung verringert, aber nicht ganz ausgeschlossen werden.

In meinem Fall tippe ich als Ursache auf die Naturhefen (Spontangärung) und ev. zuwenig Hefenahrung. Ich setzte ja bewusst kein Hefenährsalz ein. Also ein Tribut an meine Bio Bemühungen. Bio ist also eindeutig nicht so problemlos und einfach wie es einem gewisse Öko-Freaks, die wohl noch nie einen Wein selber hergestellt haben, weismachen wollen.


mehrmals abheben von Ballon zu Ballon

Mittlerweile hob ich den Wein noch zwei mal ab und belüftete ihn dadurch. Man muss sehr sorgfältig absaugen mit dem Schlauch, damit der Satz, den man ja entfernen will, nicht aufgewirbelt wird. Jetzt ist der Böckser vollkommen weg. Das mehrmalige Abheben ist sehr mühsam. Man verliert dabei ziemlich viel Wein. Aber am Schluss wird man halt belohnt von schön klarem hefefreiem Wein, was ich liebe.


Farbumschlag von rot auf blau beim Säure messen


Und heute nahm ich wieder mal meine Messutensilien hervor:

-       Nase und Gaumen jetzt OK

-       5.5g/l Säure (etwas wenig)

-       10% Alkohol

Die Säure messe ich mit Blaulauge. Man füllt Wein in ein Reagenzglas bis zur Null-Marke. Danach tröpfelt man mit einer Spritze Blaulauge rein, bis die Weinfarbe schlagartig von rot auf blau wechselt. Da liest man wie bei einem Thermometer dann den Säuregehalt in g/l auf der Skala ab.

Den Alkoholgehalt messse ich mit einem Vinometer. Das ist ein Kapillarröhrchen mit Skala.


zuerst ein paar Tropfen Wein durch die Kapillare tröpfeln lassen

dann das Röhrchen umdrehen und ebenfalls wie beim
Thermometer die Skala ablesen

Es sieht also nicht schlecht aus für den 2020er.


Sonntag, 11. Oktober 2020

Erstmals Spontangärung!

Zum totalen Hardcore Biowein fehlte bisher noch der Verzicht von Schwefel und die Spontangärung. Letztere bedeutet, dass man keine Zuchthefe in die Maische gibt, sondern darauf zählt, dass an den Beeren genug wilde Hefen aus dem Rebberg oder dem Keller drauf sind. Ich hatte das schon mindestens zweimal versucht, aber es scheiterte entweder an meiner Ungeduld oder an offenbar schlechten Naturhefen v.a. anlässlich der Kirschessigfliegen Epidemie. Beide Male konnte ich durch nachträglichen Einsatz von Zuchthefe und auch mal Kupfer die Sache noch retten. 

Diesmal klappte es perfekt. Es ist wohl wichtig, dass man sehr reinlich umgeht mit dem Beerengut und trotzdem nicht zu viel wäscht, damit die Naturhefe an den Früchten bleibt. Zwei Tage nach dem Keltern begann es herrlich zu riechen und leicht zu schäumen.


In gewissen Jahren notierte ich mir den Gärverlauf. Aus den Daten gab's nun obiges Diagramm. Der mit dem Refraktometer gemessene Zuckerwert in °Oe stimmt zwar nicht absolut, da sich der Brechungsindex durch den sich entwickelnden Alkohol ändert, aber für den relativen Vergleich der verschiedenen Jahre spielt das keine Rolle. Am Ende der Gärung messe ich immer ca. 25°Oe. In Wahrheit hat es da natürlich keinen Zucker mehr drin. Es müsste also 0°Oe anzeigen. Das ist der oben erwähnte Offset-Messfehler.

Ist sehr interessant:

  • Ich liess den Saft jedes Jahr länger auf der Maische. Dieses Jahr 23 Tage.
  • 2014 hatte ich anfänglich Gärprobleme und musste nach 5 Tagen ein zweites Mal Zuchthefe beigeben.
  • Wenn man das berücksichtigt, waren die Gärungen mit Zuchthefe alle fast gleich. Und zwar sehr kurz. 6...7 Tage.
  • Die einzige Spontangärung von 2020 dauerte 10 Tage länger (16...17 Tage). 

Eine lange Gärung ist an sich positiv. Mal schauen, ob sich die Spontangärung dann auch in der Weinqualität niederschlägt. 1.5g Kaliumpyrosulfit gebe ich nun nach der Gärung doch noch dazu zum desinfizieren.

Schliesslich wird die Maische wie jedes Jahr von Hand mit einem Presssack leicht abgepresst. Es ergeben sich bescheidene 13 Liter Wein, die nun zum Klären im Glasballon bleiben.

Die Maische

Der Presssack
zuerst der Vorlaufwein und dann noch den Rest
von Hand nur leicht auspressen


was übrig bleibt: der Trester



Mittwoch, 9. September 2020

frühe Traubenlese 2020

Wie immer wümme ich an einem herrlichen Spätsommertag. Noch nie so früh allerdings: 5. September 2020.


von den Rehen gefressen

und zum Teil von den Wespen zerstört


Die beiden im Garten gesichteten Rehe haben nun doch noch Beeren gefressen. Und die Wespen haben auch noch Schaden zugefügt. Das sieht man an aufgeplatzten und/oder vertrockneten Beeren. Insgesamt ist die Ausbeute also eher tief. Tiefer als anfänglich erhofft. Die riesige 2018er Ernte erscheint jetzt ziemlich aberwitzig.

2020:

  • ungerappt 19kg
  • gerappt 17kg Beeren

Wägen der Trauben

in den Körben

leicht waschen ...

... und rappen


Und so sieht die Statistik der letzten 8 Jahre aus:

 

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Erntetag

3.10.

13.9.

19.9

25.9.

-

15.9.

-

5.9.

°Oe

50

55

67

74

-

60

-

70

ungerappt [kg]

30

?

34

?

-

?

-

19

Beeren [kg]

22

15

30

20

-

50

-

17

Ich begutachte jeweils schon beim Lesen jede Traube und zupfe alle schlechten Beeren weg. Dann alles in Körbe legen. Vor dem rappen die Trauben kurz im Wasser schwenken. Nicht zuviel, dass die natürliche Hefe dran bleibt. Denn diesmal versuche ich es nochmals mit Spontangärung. Letztes mal ging das irgendwie schief. Im Keller werden die Beeren dann mit einer Dachlatte gestampft.

  • 20ml Pectinase (Antigeliermittel) untergerührt
  • 70°Oe, also erfreulich
  • 580g Bio Kristallzucker beigegeben >> 92°Oe. Das sollte dann gut 12%vol. Alkohol geben
  • Sonst rein gar nichts beigegeben. Also weder Schwefel noch Hefe. Und es beginnt nach 2 Tagen leicht zu gären. Spontangärung! Juhui!

Jetzt wird täglich zweimal umgerührt, damit der Tresterhut aufgebrochen wird. Und die Oechsle werden gemessen. Sie sinken nun, je mehr es gärt. Bei ca. 25°Oe ist dann erfahrungsgemäss Schluss.

°Oe:

5.9.2020                      92

7.9.2020, Vormittag    88

8.9.2020, Abends       85


vor... 


... und nach dem keltern (stampfen, ursprünglich mit den Füssen)


Bio Zucker: damit es etwas mehr Alkohol gibt - ist gut für die Lagerbarkeit