Montag, 14. Oktober 2013

Da ruht er nun

Der Glasballon soll ganz bis zuoberst gefüllt sein, damit möglichst wenig Kontakt zur Luft besteht. Ggf. kann man ihn mit etwas Fremdwein auffüllen. Es wird nochmals 0.1g/l Schwefel zur "Desinfektion" beigefügt. Dann kommt ein ganz dichter Gummistopfen mit Gäraufsatz drauf. Dieser Aufsatz, den man mit wenig Wasser füllt, verhindert, dass Luft in den Ballon kommt, CO2 kann jedoch aus dem Ballon entweichen.

17l Glasballon mit Gäraufsatz im Weinkeller

Der Wein ist jetzt noch trüb. Die Farbe ist aber herrlich. Er gärt noch ein wenig nach. Feinstoffe, insbesondere die langsam absterbenden Hefen, sinken auf den Boden ab. Er lagert nun bei gut 15°C in meinem Weinkeller für mindestens 2 Wochen.

das erste Glas eigener Wein

Die erste Verkostung als "Primeur" fand natürlich statt. Fazit: Farbe genial, Alkohol mehr als genug, Muskat-Geschmack (ist ja kein Wunder bei Muscat-Bleu), der Rest braucht noch Zeit...


Sonntag, 13. Oktober 2013

Entsaften

Die Maische im Kunststoff-Fass ist nun also vergärt und hat nur noch wenig Oechsle. Der Säurewert stimmt mit 7g/l. Nun soll der Saft von den groben Bestandteilen, also den Resten der Beeren, getrennt und vom Fass in einen Glasballon gefüllt werden. Das erwies sich als wesentlich schwieriger als angedacht. Jegliches mechanische Sieb, und sei es auch noch so grob, verstopft innert Sekunden. Die Maische ist schlammartig, Die rettende Idee war der Presssack aus Perlongewebe, der mit meiner neu gekauften schmucken Traubenpresse mitgeliefert wurde. So ein textiler Sack mit grobem Gewebe ist das perfekte Sieb. Ich legte ihn in den grossen Trichter, mit dem ich den 17l Glasballon im Nu füllte. Der Ballon muss übrigens vorgängig sehr gut gereinigt und entkeimt werden, z.B. mit PITT Reiniger.

Filtrieren der Maische mit dem Press-Sack im Trichter

Übrig blieben ein Häufchen Beerenschlamm und viele Kerne. Diesen Trester konnte ich von Hand problemlos noch auspressen. Und meine extra angeschaffte wunderschöne 20l Traubenpresse blieb arbeitslos. Mein Fazit: unbedingt einen textilen Press-Sack anschaffen aber keine Presse. Diese steht zum Verkauf.

alles, was am Schluss übrig blieb (Trester)

Freitag, 4. Oktober 2013

Die Maischegärung

Hier beginnt nun der Unterschied zwischen der Weiss- und Rotwein-Herstellung. Die weissen Trauben können ungerappt direkt in der Traubenpresse zu Most verarbeitet werden. Der Rotwein aber erhält seine Farbe erst nach einer Weile zusammen mit den farbigen Beerenhäuten. Des weiteren werden dadurch auch Aromastoffe und Tannine extrahiert. Deshalb wird er als Maische im Fass belassen und wie folgt behandelt:
  • 1...2ml/l Pectinase (Antigel) zum besseren Auflösen der Früchte
  • 0.1g/l Schwefel zur Entkeimung (Kaliumpyrosulfit)
  • ggf. Kristallzucker

die Maische beim gären

Zucker
Zucker ist zur Weinherstellung unentbehrlich, da aus ihm der Alkohol entsteht. Und nur bei genügend Alkoholgehalt wird ein Wein haltbar. Idealerweise kommt aller Zucker aus den Beeren. Die haben dann bei der Lese mindestens 85°Oechsle. Ist der Zuckergehalt aber tiefer - und bei den vorliegenden Muscat-Bleu Trauben ist das der Fall - muss jetzt vor der Gärung nachgezuckert werden mit 2.6g/l/Oechsle.

Es ist natürlich der Ehrgeiz aller Winzer, Trauben mit hohen Oechsle-Graden hinzukriegen. Mit reduzierter Menge werde ich das Ziel nächstes Jahr anstreben. Zu meiner Ehrenrettung muss ich aber festhalten: Der Gärung und dem späteren Alkoholgehalt ist es egal, ob der Zucker aus den Trauben oder vom Supermarkt kommt. Chemisch ist es genau der gleiche Zucker.

Der Zuckergehalt im Most kann präzise mit einem Refraktometer gemessen werden.

Refraktometer zur Zuckermessung (°Oechsle)

Die Maische wird nun 24h liegen gelassen, damit der Schwefel unerwünschte Keime und Hefen zerstören kann. Erst dann kommt die Trocken-Reinzuchthefe dazu (0.2g/l). Ebenso etwas Hefenährsalz (0.2g/l). Das Hefepulver wird in 1...2dl lauwarmem Wasser in einem Glas während 1...2h aufgelöst bis es schäumt und dann in die Maische eingerührt. Die speziell für die Weinherstellung gezüchtete Hefe garantiert, dass im Most keine schlechten Gerüche entstehen. Jetzt wird der Deckel nur lose auf das Fass gelegt, damit das beim Gären entstehende CO2 entweichen kann. Es beginnt nun zu blubbern und schäumen. Und nach kurzer Zeit bildet sich der sogenannte Maische-Hut, der auf dem Most schwimmt und aus den Beerenrückständen besteht. Er wird ziemlich kompakt und hart und sollte regelmässig (min. 2x pro Tag) untergerührt werden.

Die Gärung wird überwacht, indem man den Zuckergehalt misst. Dazu nimmt man gewöhnlich eine Oechsle-Waage. Da ich schon ein Refraktometer besitze, habe ich mit diesem gemessen, was aber eigentlich nicht korrekt ist, da der sich bildende Alkohol die Refraktionsmessung verfälscht. Trotzdem erkennt man, wie der Wert sinkt während der Gärung und vor allem wie er nach einigen Tagen zum Stillstand kommt. Ich habe jeweils morgens und abends die Maische umgerührt und den Zucker gemessen. Je wärmer desto schneller gärt es. Die ganze Weinherstellung sollte bei 15 bis höchstens 20°C stattfinden. Die Profis mit ihren grossen Tanks kühlen die Maische mit Kühlrohren, damit die Gärung länger dauert. Topweine gären wochenlang. Ich musste mich der Natur anpassen und meine Gärung war nach genau einer Woche grossteils vorbei. Ein durchaus guter und typischer Wert. Man erkennt das Ende der Gärung auch daran, das der Maische-Hut verschwindet und die Maische wieder ganz flüssig wird.

Säure
Nach der Maischegärung misst man die Säure. Nebst dem Zucker spielt der Säuregehalt eine entscheidende Rolle für das Geschmacksempfinden des Weins. Süsse und Säure sind übrigens zwei völlig getrennte Eigenschaften. Ein Wein mit zum Beispiel wenig Zucker muss nicht sauer schmecken. Er kann auch wenig Säure haben - dann natürlich eine doppelte "Katastrophe". Der ideale Säurewert beträgt ca. 7g/l. Mein Muscat-Bleu erreichte den Wert auf's Komma genau. Zufall oder ausgleichende Gerechtigkeit zum tiefen Zuckerwert?

Die Säure misst man mit dem Acidometer. Das ist im Prinzip ein chemisches Experiment. Man gibt eine bestimmte Menge Traubenmost in ein Reagenzröhrchen und fügt Blausäure dazu bis sich der Most von rot nach blau oder grün färbt. Beim markanten Umschlagpunkt liest man auf dem Röhrchen den Säuregehalt ab.

Säuremessung mit dem Acidometer

Wäre der Säurewert zu hoch, gibt man der Maische Weinkalk (Calciumcarbonat) zu, 0.6g/l Wein pro 1g/l Säure-Wert. Und zum erhöhen der Säure verwendet man Milchsäure (0.125ml/l Wein pro 1g/l Säure-Wert.

Die Weinherstellung ist also neben dem Natur-Erleben auch chemisch und physikalisch höchst interessant. Sämtliche erwähnten Zusätze sind übrigens völlig unbedenklich. Das einzige, was in grossen Mengen genossen schädlich wäre, ist der Schwefel. Deshalb muss auch weltweit auf jeder Weinflasche "enthält Sulfite" stehen. Die geringe Menge ist aber unbedenklich und Schwefel ist bis heute durch nichts zu ersetzen, wenn es um Entkeimung geht.

All die Chemikalien und mechanischen Gerätschaften kann man übrigens am besten im Internet bestellen. Beispielsweise bei www.fieger.ch oder www.brauundrauchshop.ch.


Donnerstag, 3. Oktober 2013

Die erste richtige Weinlese

Mit einiger Wut im Bauch auf die blöden Viecher beschloss ich am 3.10.2013 zu ernten. Der Zeitpunkt war aber gut. Danach regnete es und wurde eiskalt. Ich hatte keine Ahnung, wieviel Trauben mich da erwarteten in Volumen und Kilogramm. Schliesslich waren es 4 Eimer voll und 30kg. Ich war überwältigt.

30kg Muscat-Bleu Trauben

Nun wurden die Trauben noch am selben Abend gewaschen und entrappt, d.h. die Beeren von den grünen Stielen entfernt. Der Waschtrog in der Waschküche eignete sich dafür. Überhaupt verlagerte sich in der nächsten Zeit mein Arbeitsplatz vom Weingarten in die Waschküche, wo es vorübergehend wie in einer Trotte roch. Jede Traube wurde von Hand entbeert und in einen neuen Kübel geleert. Alles schlechte wurde weggeworfen. Schliesslich standen da 22kg saubere Beeren.

Die gewaschenen und gerappten Beeren beim Keltern im Kunststoff-Fass

Die Beeren kamen nun ins blaue 30l Kunststoff-Fass, das speziell für die Mosterei geeignet ist. Mit einer sauberen Holzlatte wurde gekeltert, d.h. die Trauben wurden sorgfältig zerquetscht, so dass der Saft austrat. Erstaunlich, wie schnell da aus festen Früchten plötzlich nur noch ein See voll Most da ist. Aus den 22kg Beeren wurden ca. 18l Traubenmost, also etwa 8l pro 10kg.