Montag, 28. November 2016

Böckser

Das Abenteuer geht weiter... Nach ein paar Tagen im Glasballon roch der Wein plötzlich nach Lauch, Gemüse, Knoblauch... Ziemlich sicher ein sogenannter Böckser. Im Gaumen merkt man davon übrigens rein gar nichts, nur in der Nase.

Böckser sind bei Jungweinen recht verbreitet und die Ursachen nicht ganz eindeutig bekannt:
  • Er tritt üblicherweise bei zu starker Reduktion (zu wenig Sauerstoff) auf. Aber Sauerstoff hatte der Kurlimuser ja mehr als genug. Ich habe immer eher Angst vor Oxidation.
  • Kann auch mit der anfangs schlechten Naturhefe zu tun haben.
  • Oder hatte ich zuviel Schwefel beigegeben?
Nach einer Internetrecherche kaufte ich Kupzit® von Erbslöh bei Fa. Gast Kellertechnik. Das ist ein Bio zugelassenes Kupfercitratpräparat zur Böckserbeseitigung bei Wein. Kupfergrüne bröckelige Körnchen. Früher empfahl man, Kupfermünzen in den Wein zu geben. Hier aber 2.5g Kupzit in die 12l Wein (20g/100l). Zuerst in einem halben Glas Wein aufgelöst und dann in den Glasballon beigegeben beim Abheben. Die Sauerstoffzufuhr beim Umleeren sollte auch helfen, den Böckser zu beseitigen. Und der Muscat Bleu Geruch kam so ziemlich schnell wieder in den Vordergrund. Im Gaumen ist der 2016er übrigens erfreulich gut.

Nun wurde abgehoben und der Wein im 12l Ballon scheint recht klar und der Böckser hoffentlich beseitigt. Er sollte jetzt bis zum Frühling so drinbleiben. Zwischendurch werde ich natürlich schon mal wieder dran riechen.

Alkohol gut 12%vol., also sehr hoch für einen Muscat Bleu, da mir der Zuckersack damals ausrutschte :-)

Farbe intensives Purpur und wunderschön wie immer.

Säure 5g/l, also etwas wenig. Ev. könnte man noch mit etwas Milchsäure auf 6...7g/l aufsäuern. Aber vorerst mal abwarten.

der geklärte, verböckste und hoffentlich nun gerettete Kurlimuser 2016 bereit für die Winterpause
im kühlen Keller neben dem Oleander

Den Rest (rechts oben auf dem Tisch) werde ich morgen in eine Weinflasche abfüllen als "Stille Reserve".

Sonntag, 23. Oktober 2016

Vorlauf und Presswein

Die Maische liess ich nun so lange wie noch nie (3 Wochen) im Fass. Bei 25…30° blieben die Oechsle stehen. Das Zeichen, dass alles vergärt ist. Es riecht normal. Die anfängliche schlechte Spontangärung mit dem Uhu-Geruch konnte also hoffentlich noch rechtzeitig mit den Zuchthefen beseitigt werden.

Maische in den Presssack leeren. Der sog. Vorlauf fliesst dann schon mal in den Ballon.

Und den Rest von Hand auspressen = Presswein.

Dann wird wie immer mit dem Presssack handgepresst und in den 17l Ballon geleert. Der wird aber diesmal nicht voll. Ca. 15l wohl. 1.5g Schwefel rein. Nach dem Uhu-Vorfall habe ich die Lust am schwefellosen etwas verloren. Und soeben einen Fachbeitrag gelesen, wo die fundamentale Verteufelung des Schwefels verteufelt wird...
Da der 17l Ballon nicht voll geworden ist, muss ich ihn dann bald in einen kleineren umleeren. Sonst oxidiert der Wein. Sobald sich der Schlamm gesetzt hat, wird dann in 2-3 Wochen sehr vorsichtig mit einem Schlauch in den 12l Ballon abgehoben.

Bei den Profis wird auch zwischen Vorlauf und Presswein unterschieden. Der Vorlauf ist bei weitem die bessere Qualität. Für Topwein wird nur dieser verwendet. Der Presswein hat aber mehr Tannine.


übrig bleibt der Trester


Übrigens:
In der Presse las man, dass dieses Jahr in der Schweiz sehr viel falscher Mehltau die Trauben zum Vertrocknen trieb. Genauso wie meine Beeren zum Teil aussahen. Aber PIWI Reben sollten ja resistent sein? Ich verstehe immer noch nicht, was das mit den vielen vertrockneten Beeren in meinen Reben dieses Jahr auf sich hatte.


Donnerstag, 29. September 2016

Immer neue Überraschungen

Weinkultivierung und -herstellung ist wirklich spannend. Positiv aber manchmal auch negativ. Ich werde - wie im Beruf auch - mental langsam abgehärtet auch gegen die schlimmsten Ereignisse.


Der Sonntag 25. September 2016 war ein Prachtstag. Ich entschied spontan, die Trauben zu lesen. Zuerst die riesigen Insektennetze entfernen. Und dann kam's zum Vorschein. Vor allem an den Rändern der Rebenreihen waren sehr viele Trauben vertrocknet. Und andere waren kurz davor. Ich weiss nicht, was das ist. Entweder trotz Netz wieder Kirschessigfliegen, die irgendwo den Eingang gefunden haben. Oder dann sind die Beeren einfach vertrocknet wegen dem sehr warmen Herbst und der späten Lese. Bei letzterem hätte ich weniger Probleme, hat die Maische doch 75°Oechsle! Für Muscat Bleu eines Amateurs ein sensationell guter Zuckerwert.



2016: wenig Beeren, aber viel Zucker

Es gibt also weiterhin kein Jahr, wo nicht irgendein ziemlich grosses Problem die Beerenmenge stark einschränkte... Diesmal sogar sehr stark. Für die minimal angestrebten 15 Flaschen muss ich mir noch was einfallen lassen. Aber die gute Seite ist, dass die Zuckerwerte jedes Jahr kontinuierlich ansteigen.


Den ganzen Nachmittag verbrachte ich dann damit, die Beeren zu waschen und jede einzeln zu prüfen, damit ja keine verfaulten ins Fass kamen. 20kg Beeren. Dann 30ml Antigel dazu, damit sich Haut und Fleisch gut auflösen. Mit dem Holzstecken keltern. Zudem stellte ich einen Hefeansatz her mit Burgunder Zuchthefe und etwas Traubenmost. Schwefel wollte ich ja diesmal nicht oder mindestens nicht am Anfang verwenden. Ein weiteres Problem war vorprogrammiert:
Die Maische, die nun 2...3 Tage auf den Hefeansatz wartete, begann sofort spontan zu gären. Eigentlich super dachte ich. Mehr Bio geht nicht. Denkste. Die Naturhefen vom Kurlimuser stanken bald nach Uhu-Kleber. Ein sehr bekanntes Phänomen, wenn schlechte Hefen im Spiel sind.


Sehr viel gelernt. Vor allem, dass das überall so gepriesene Bio-Winzern ohne Schwefel und Fremdhefe nicht so einfach ist und für Amateure vermutlich unmöglich. Ich versuchte nun die Katastrophe des Uhu-Weins mit der sofortigen Zugabe des Hefeansatzes zu umgehen. Und mindestens vorab riecht es wieder nach normalem Alkohol. Dank der Zugabe von etwas Zucker und Hefenährsalz gärt es nun wie verrückt mit meinen Burgunder Hefen.

am gären

Die nächste Überraschung kommt bestimmt.


Montag, 19. September 2016

Bald ist es soweit...

Ende August habe ich die Trauben mit dem Insektenschutznetz eingehüllt und diesmal sehr gut verankert. Das hat geholfen, jegliche Insekten und Vögel fern zu halten. Und bisher hat der Dachs nur meinen Rasen umgepflügt, um Engerlinge zu suchen. Die Reben blieben verschont...bis heute. In den letzten beiden Jahren habe ich jeweils Mitte September geerntet. Der Zucker ist jetzt bei knapp 70°Oe. Jede Beere etwas anders. Er wird wohl kaum noch steigen. Die Beeren sind physiologisch reif. Das heisst, die Rebe betrachtet sie als ausgereift. Sie fallen fast ab beim anfassen. Zum essen sind sie perfekt. Also werde ich wohl nächstes oder übernächstes Wochenende, wenn's mal trocken ist, ernten und keltern.


perfekt verhüllt

Zucker messen mit Refraktometer: jede Beere hat etwas anderen Zuckergehalt

Und hier mal meine Betriebsgeheimnisse :-)

Jahr
2013
2014
2015
2016
Erntetag
3.10.
13.9.
19.9
25.9.
Oechsle°
50
55
67
74

Das sind natürlich bescheidene Oechslegrade, aber für Muscat Bleu ist das normal. Man sieht immerhin, dass seit der ersten Ernte 2013 die Qualität gestiegen ist. Ich habe bemerkt, dass die Beeren stark streuen, von 60 bis 80°Oe. Müsste mal herausfinden, ob das eine Systematik hat. Alle Beeren auszumessen würde zwar meinem Beruf entsprechen, aber das haben sicher schon andere Oenologen und Studenten für mich gemacht...


Freitag, 26. August 2016

ruhiger August

Der August war diesmal relativ ruhig im Rebberg. Bisher keine Kirschessigfliegen. In anderen Kulturen, v.a. im Wallis, sind sie jedoch schon seit einiger Zeit am wüten. Ich gedenke deshalb, Ende August meine Reben auch wieder mit dem extrem feinmaschigen Insektenschutznetz einzukleiden. Das werde ich dann aber diesmal massiv in der Erde verankern, damit der Dachs sich nicht mehr durchgraben kann.

Die Beeren haben nun endlich komplett blaue Farbe angenommen. Sie dünken mich relativ klein. Und der Blattwuchs hat merklich nachgelassen. Sommer-Stress? Wie auch immer...




Derweil trinken wir fast jedes Wochenende mit Freunden den 2015er Kurlimuser zum Apéro (kühl aus dem Kühlschrank). Und alle sind begeistert. Der Lohn für meine fast fanatische Winzerarbeit bei zugegebenermassen nicht idealem Terroir.

Die Verzapfung ist übrigens gar nicht so schlecht wie zuvor angenommen. Die etwas dickeren Zapfen haben sich bewährt und das vorgängige Einlegen in Schwefelwasser auch. Alle Flaschen sind 100% dicht. Die teilweise ganz wenigen abgebrochenen kleinen Korkstückchen in der Flasche stören nicht gewaltig, da sie oben aufschwimmen und vor dem Servieren abgehoben werden können.