Endlich wieder mal Winter im Unterland! Den Reben macht das nicht's aus. Im Gegenteil: es isoliert von der Kälte.
Im Keller wartet der 2020er immer noch im Glasballon auf seine Flaschenabfüllung. Bin grad am Etiketten Design...
Endlich wieder mal Winter im Unterland! Den Reben macht das nicht's aus. Im Gegenteil: es isoliert von der Kälte.
Im Keller wartet der 2020er immer noch im Glasballon auf seine Flaschenabfüllung. Bin grad am Etiketten Design...
Leider erst nach ca. 4 Wochen roch ich zum ersten Mal am
Ballon und oh Schreck: wieder starker Böckser wie im 2016. Es riecht diesmal mehr nach Schwefel als nach Lauch. Hätte wohl früher von der Hefe abheben sollen. Das holte ich sofort nach und gab 2.5g Kupzit dazu. Das ist im Bioweinbau zugelassen. Ist Kupfercitrat.
Die Arbeitsgemeinschaft landwirtschaftlicher Versuchsanstalten (D) meinte dazu an der Jahrestagung 2001 in Wolfpassing (Internet):
Das Auftreten von böckserartigen Fehltönen bei der
Weinbereitung ist ein altes, aber immer noch häufiger festzustellendes Problem.
Als Ursachen werden in erster Linie die Anwendung von Schwefel und
schwefelhaltigen Verbindungen bei der erforderlichen Schädlingsbekämpfung im
Weinberg, die Hefen des Gärprozesses, eine unzureichende Hefeernährung und ein
erhöhter Trubgehalt im Most angesehen. Durch die Auswahl geeigneter
Reinzuchthefen und eine gezielte Hefeernährung kann die Häufigkeit der
Böckserbildung verringert, aber nicht ganz ausgeschlossen werden.
In meinem Fall tippe ich als Ursache auf die Naturhefen (Spontangärung) und ev. zuwenig Hefenahrung. Ich setzte ja bewusst kein Hefenährsalz ein. Also ein Tribut an meine Bio Bemühungen. Bio ist also eindeutig nicht so problemlos und einfach wie es einem gewisse Öko-Freaks, die wohl noch nie einen Wein selber hergestellt haben, weismachen wollen.
mehrmals abheben von Ballon zu Ballon |
Mittlerweile hob ich den Wein noch zwei mal ab und belüftete ihn dadurch. Man muss sehr sorgfältig absaugen mit dem Schlauch, damit der Satz, den man ja entfernen will, nicht aufgewirbelt wird. Jetzt ist der Böckser vollkommen weg. Das mehrmalige Abheben ist sehr mühsam. Man verliert dabei ziemlich viel Wein. Aber am Schluss wird man halt belohnt von schön klarem hefefreiem Wein, was ich liebe.
Farbumschlag von rot auf blau beim Säure messen |
Und heute nahm ich wieder mal meine Messutensilien hervor:
-
Nase und Gaumen jetzt OK
- 5.5g/l Säure (etwas wenig)
- 10% Alkohol
Die Säure messe ich mit Blaulauge. Man füllt Wein in ein Reagenzglas bis zur Null-Marke. Danach tröpfelt man mit einer Spritze Blaulauge rein, bis die Weinfarbe schlagartig von rot auf blau wechselt. Da liest man wie bei einem Thermometer dann den Säuregehalt in g/l auf der Skala ab.
Den Alkoholgehalt messse ich mit einem Vinometer. Das ist ein Kapillarröhrchen mit Skala.
zuerst ein paar Tropfen Wein durch die Kapillare tröpfeln lassen |
dann das Röhrchen umdrehen und ebenfalls wie beim Thermometer die Skala ablesen |
Zum totalen Hardcore Biowein fehlte bisher noch der Verzicht von Schwefel und die Spontangärung. Letztere bedeutet, dass man keine Zuchthefe in die Maische gibt, sondern darauf zählt, dass an den Beeren genug wilde Hefen aus dem Rebberg oder dem Keller drauf sind. Ich hatte das schon mindestens zweimal versucht, aber es scheiterte entweder an meiner Ungeduld oder an offenbar schlechten Naturhefen v.a. anlässlich der Kirschessigfliegen Epidemie. Beide Male konnte ich durch nachträglichen Einsatz von Zuchthefe und auch mal Kupfer die Sache noch retten.
Diesmal klappte es perfekt. Es ist wohl wichtig, dass man sehr reinlich umgeht mit dem Beerengut und trotzdem nicht zu viel wäscht, damit die Naturhefe an den Früchten bleibt. Zwei Tage nach dem Keltern begann es herrlich zu riechen und leicht zu schäumen.
In gewissen Jahren notierte ich mir den Gärverlauf. Aus den Daten gab's nun obiges Diagramm. Der mit dem Refraktometer gemessene Zuckerwert in °Oe stimmt zwar nicht absolut, da sich der Brechungsindex durch den sich entwickelnden Alkohol ändert, aber für den relativen Vergleich der verschiedenen Jahre spielt das keine Rolle. Am Ende der Gärung messe ich immer ca. 25°Oe. In Wahrheit hat es da natürlich keinen Zucker mehr drin. Es müsste also 0°Oe anzeigen. Das ist der oben erwähnte Offset-Messfehler.
Eine lange Gärung ist an sich positiv. Mal schauen, ob sich die Spontangärung dann auch in der Weinqualität niederschlägt. 1.5g Kaliumpyrosulfit gebe ich nun nach der Gärung doch noch dazu zum desinfizieren.
Schliesslich wird die Maische wie jedes Jahr von Hand mit einem Presssack leicht abgepresst. Es ergeben sich bescheidene 13 Liter Wein, die nun zum Klären im Glasballon bleiben.
Die Maische |
Der Presssack |
zuerst der Vorlaufwein und dann noch den Rest von Hand nur leicht auspressen |
was übrig bleibt: der Trester |
Wie immer wümme ich an einem herrlichen Spätsommertag. Noch nie so früh allerdings: 5. September 2020.
von den Rehen gefressen |
und zum Teil von den Wespen zerstört |
Die beiden im Garten gesichteten Rehe haben nun doch noch Beeren gefressen. Und die Wespen haben auch noch Schaden zugefügt. Das sieht man an aufgeplatzten und/oder vertrockneten Beeren. Insgesamt ist die Ausbeute also eher tief. Tiefer als anfänglich erhofft. Die riesige 2018er Ernte erscheint jetzt ziemlich aberwitzig.
2020:
Wägen der Trauben |
in den Körben |
leicht waschen ... |
... und rappen |
|
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
2019 |
2020 |
Erntetag |
3.10. |
13.9. |
19.9 |
25.9. |
- |
15.9. |
- |
5.9. |
°Oe |
50 |
55 |
67 |
74 |
- |
60 |
- |
70 |
ungerappt
[kg] |
30 |
? |
34 |
? |
- |
? |
- |
19 |
Beeren
[kg] |
22 |
15 |
30 |
20 |
- |
50 |
- |
17 |
°Oe:
5.9.2020 92
7.9.2020, Vormittag 88
8.9.2020, Abends 85
vor... |
... und nach dem keltern (stampfen, ursprünglich mit den Füssen) |
Bio Zucker: damit es etwas mehr Alkohol gibt - ist gut für die Lagerbarkeit |
Jetzt, wo es um den richtigen Erntezeitpunkt geht, habe ich mich mal mit den Zuckerwerten befasst. Diese werden auf unterschiedliche Art gemessen. Das heute einfachste Instrument ist das Refraktometer. Die Skalen bzw. Messeinheiten sind jedoch geografisch sehr unterschiedlich.
Handrefraktometer |
Der Zuckergehalt bei der Traubenlese bestimmt mehr oder weniger den Alkoholgehalt des Weines. Bis zu einem gewissen Mass ist ein hoher Zuckergehalt qualitätsfördernd. Zucker bzw. Alkohol sind ja auch Aromentransporteure. Auch auf die Lagerfähigkeit hat der Alkohol einen positiven Einfluss. In unseren Breitengraden ist ein verhältnismässig tiefer Zuckergehalt normal. Und Piwi Trauben haben noch besonders tiefe Werte. Oechsle Werte so ab 70° sind also in meinem Hobby-Rebberg schon ein guter Wert.
Historisch gibt es mehrere Messverfahren und Messskalen für Zucker: