Sonntag, 3. November 2013

Wein abheben

3 Wochen nach dem Gärende und dem Umfüllen in den Glasballon wird der Wein nun zum ersten mal abgehoben. Es ist auch das erste mal, wo man wieder eine Verköstigung vornehmen kann, da ja alles luftdicht mit Gärspund verschlossen sein musste.

Der junge Wein hat weiterhin eine sehr klare und markante Violett-Farbe. Die Säure ist um knapp 1g/l zurückgegangen auf gut 6g/l. Man könnte mit Milchsäurezugabe noch etwas aufsäuern. Ich verzichte aber darauf, da meine Gäste meinen Wundertrank ja eh als sauren Ostschweizer charakterisieren werden.
Ansonsten ist der weiterhin sehr dominante Muskat Bleu Geschmack zu nennen. Andere Töne habe ich bisher keine bemerkt ☺. Nimmt mich schon wunder, ob es das dann war oder ob in ein paar Monaten doch noch etwas Finesse hinzukommt. Aber für mich am wichtigsten: es ist immer noch alles im Plan. Nix verfault, nix abgestürzt.

Unter Wein abheben versteht man das Umfüllen des klaren oberen Teils im Fass oder Ballon in ein zweites Gebinde. Das erfolgt mit einem transparenten Schlauch und man benützt das Gefälle wie beim Aquarium leeren. Der Zweck ist das Entfernen des abgesunkenen Satzes. Dieser besteht aus Hefe und anderen festen Rückständen und sieht nicht sehr appetitlich aus.

unten klar abgegrenzt der Satz

Ursprünglich wollte ich die ganze Menge abheben und den Satz filtern. Angesichts der ohnehin sehr grossen Weinmenge entschied ich mich aber, nur den wirklich klaren Teil abzuheben und den Rest wegzuwerfen. Das mit dem Filtern und mehrmals abheben hätte einen grossen Aufwand in den nächsten Monaten bedeutet mit unsicherem Erfolg. Und ich habe ja auch nicht beliebig viele verschiedene Glasballons zur Verfügung. Etwas verschwenderisch, aber bei der fast zu grossen Weinmenge sicher vernünftig. Und garantiert super klaren Wein in der Flache am Schluss.

Vom oberen grossen in den unteren kleineren
Ballon mit einem transparenten
Kunststoffschlauch abgehoben

Vor dem wieder verschliessen mit dem Gärspund kam dann nebst etwas Schwefel noch mein Lieblingselixier in den Ballon: 15g französische getoastete Eichenchips, mittlere Röstung. Die Puristen werden aufschreien und die Geniesser mit der Zunge wedeln. "Kurlimuser Barrique".

Ich habe nun im Sinn, den Wein mehrere Monate ruhen zu lassen und dann direkt in Flaschen abzufüllen. An kalten Wintertagen kann ich die Etikette designen. Und schöne Weinflaschen sammle ich schon seit Wochen und entferne Etiketten und Halshülsen. Genügend neue Naturkorkzapfen und ein Verkorker stehen bereit.

Montag, 14. Oktober 2013

Da ruht er nun

Der Glasballon soll ganz bis zuoberst gefüllt sein, damit möglichst wenig Kontakt zur Luft besteht. Ggf. kann man ihn mit etwas Fremdwein auffüllen. Es wird nochmals 0.1g/l Schwefel zur "Desinfektion" beigefügt. Dann kommt ein ganz dichter Gummistopfen mit Gäraufsatz drauf. Dieser Aufsatz, den man mit wenig Wasser füllt, verhindert, dass Luft in den Ballon kommt, CO2 kann jedoch aus dem Ballon entweichen.

17l Glasballon mit Gäraufsatz im Weinkeller

Der Wein ist jetzt noch trüb. Die Farbe ist aber herrlich. Er gärt noch ein wenig nach. Feinstoffe, insbesondere die langsam absterbenden Hefen, sinken auf den Boden ab. Er lagert nun bei gut 15°C in meinem Weinkeller für mindestens 2 Wochen.

das erste Glas eigener Wein

Die erste Verkostung als "Primeur" fand natürlich statt. Fazit: Farbe genial, Alkohol mehr als genug, Muskat-Geschmack (ist ja kein Wunder bei Muscat-Bleu), der Rest braucht noch Zeit...


Sonntag, 13. Oktober 2013

Entsaften

Die Maische im Kunststoff-Fass ist nun also vergärt und hat nur noch wenig Oechsle. Der Säurewert stimmt mit 7g/l. Nun soll der Saft von den groben Bestandteilen, also den Resten der Beeren, getrennt und vom Fass in einen Glasballon gefüllt werden. Das erwies sich als wesentlich schwieriger als angedacht. Jegliches mechanische Sieb, und sei es auch noch so grob, verstopft innert Sekunden. Die Maische ist schlammartig, Die rettende Idee war der Presssack aus Perlongewebe, der mit meiner neu gekauften schmucken Traubenpresse mitgeliefert wurde. So ein textiler Sack mit grobem Gewebe ist das perfekte Sieb. Ich legte ihn in den grossen Trichter, mit dem ich den 17l Glasballon im Nu füllte. Der Ballon muss übrigens vorgängig sehr gut gereinigt und entkeimt werden, z.B. mit PITT Reiniger.

Filtrieren der Maische mit dem Press-Sack im Trichter

Übrig blieben ein Häufchen Beerenschlamm und viele Kerne. Diesen Trester konnte ich von Hand problemlos noch auspressen. Und meine extra angeschaffte wunderschöne 20l Traubenpresse blieb arbeitslos. Mein Fazit: unbedingt einen textilen Press-Sack anschaffen aber keine Presse. Diese steht zum Verkauf.

alles, was am Schluss übrig blieb (Trester)

Freitag, 4. Oktober 2013

Die Maischegärung

Hier beginnt nun der Unterschied zwischen der Weiss- und Rotwein-Herstellung. Die weissen Trauben können ungerappt direkt in der Traubenpresse zu Most verarbeitet werden. Der Rotwein aber erhält seine Farbe erst nach einer Weile zusammen mit den farbigen Beerenhäuten. Des weiteren werden dadurch auch Aromastoffe und Tannine extrahiert. Deshalb wird er als Maische im Fass belassen und wie folgt behandelt:
  • 1...2ml/l Pectinase (Antigel) zum besseren Auflösen der Früchte
  • 0.1g/l Schwefel zur Entkeimung (Kaliumpyrosulfit)
  • ggf. Kristallzucker

die Maische beim gären

Zucker
Zucker ist zur Weinherstellung unentbehrlich, da aus ihm der Alkohol entsteht. Und nur bei genügend Alkoholgehalt wird ein Wein haltbar. Idealerweise kommt aller Zucker aus den Beeren. Die haben dann bei der Lese mindestens 85°Oechsle. Ist der Zuckergehalt aber tiefer - und bei den vorliegenden Muscat-Bleu Trauben ist das der Fall - muss jetzt vor der Gärung nachgezuckert werden mit 2.6g/l/Oechsle.

Es ist natürlich der Ehrgeiz aller Winzer, Trauben mit hohen Oechsle-Graden hinzukriegen. Mit reduzierter Menge werde ich das Ziel nächstes Jahr anstreben. Zu meiner Ehrenrettung muss ich aber festhalten: Der Gärung und dem späteren Alkoholgehalt ist es egal, ob der Zucker aus den Trauben oder vom Supermarkt kommt. Chemisch ist es genau der gleiche Zucker.

Der Zuckergehalt im Most kann präzise mit einem Refraktometer gemessen werden.

Refraktometer zur Zuckermessung (°Oechsle)

Die Maische wird nun 24h liegen gelassen, damit der Schwefel unerwünschte Keime und Hefen zerstören kann. Erst dann kommt die Trocken-Reinzuchthefe dazu (0.2g/l). Ebenso etwas Hefenährsalz (0.2g/l). Das Hefepulver wird in 1...2dl lauwarmem Wasser in einem Glas während 1...2h aufgelöst bis es schäumt und dann in die Maische eingerührt. Die speziell für die Weinherstellung gezüchtete Hefe garantiert, dass im Most keine schlechten Gerüche entstehen. Jetzt wird der Deckel nur lose auf das Fass gelegt, damit das beim Gären entstehende CO2 entweichen kann. Es beginnt nun zu blubbern und schäumen. Und nach kurzer Zeit bildet sich der sogenannte Maische-Hut, der auf dem Most schwimmt und aus den Beerenrückständen besteht. Er wird ziemlich kompakt und hart und sollte regelmässig (min. 2x pro Tag) untergerührt werden.

Die Gärung wird überwacht, indem man den Zuckergehalt misst. Dazu nimmt man gewöhnlich eine Oechsle-Waage. Da ich schon ein Refraktometer besitze, habe ich mit diesem gemessen, was aber eigentlich nicht korrekt ist, da der sich bildende Alkohol die Refraktionsmessung verfälscht. Trotzdem erkennt man, wie der Wert sinkt während der Gärung und vor allem wie er nach einigen Tagen zum Stillstand kommt. Ich habe jeweils morgens und abends die Maische umgerührt und den Zucker gemessen. Je wärmer desto schneller gärt es. Die ganze Weinherstellung sollte bei 15 bis höchstens 20°C stattfinden. Die Profis mit ihren grossen Tanks kühlen die Maische mit Kühlrohren, damit die Gärung länger dauert. Topweine gären wochenlang. Ich musste mich der Natur anpassen und meine Gärung war nach genau einer Woche grossteils vorbei. Ein durchaus guter und typischer Wert. Man erkennt das Ende der Gärung auch daran, das der Maische-Hut verschwindet und die Maische wieder ganz flüssig wird.

Säure
Nach der Maischegärung misst man die Säure. Nebst dem Zucker spielt der Säuregehalt eine entscheidende Rolle für das Geschmacksempfinden des Weins. Süsse und Säure sind übrigens zwei völlig getrennte Eigenschaften. Ein Wein mit zum Beispiel wenig Zucker muss nicht sauer schmecken. Er kann auch wenig Säure haben - dann natürlich eine doppelte "Katastrophe". Der ideale Säurewert beträgt ca. 7g/l. Mein Muscat-Bleu erreichte den Wert auf's Komma genau. Zufall oder ausgleichende Gerechtigkeit zum tiefen Zuckerwert?

Die Säure misst man mit dem Acidometer. Das ist im Prinzip ein chemisches Experiment. Man gibt eine bestimmte Menge Traubenmost in ein Reagenzröhrchen und fügt Blausäure dazu bis sich der Most von rot nach blau oder grün färbt. Beim markanten Umschlagpunkt liest man auf dem Röhrchen den Säuregehalt ab.

Säuremessung mit dem Acidometer

Wäre der Säurewert zu hoch, gibt man der Maische Weinkalk (Calciumcarbonat) zu, 0.6g/l Wein pro 1g/l Säure-Wert. Und zum erhöhen der Säure verwendet man Milchsäure (0.125ml/l Wein pro 1g/l Säure-Wert.

Die Weinherstellung ist also neben dem Natur-Erleben auch chemisch und physikalisch höchst interessant. Sämtliche erwähnten Zusätze sind übrigens völlig unbedenklich. Das einzige, was in grossen Mengen genossen schädlich wäre, ist der Schwefel. Deshalb muss auch weltweit auf jeder Weinflasche "enthält Sulfite" stehen. Die geringe Menge ist aber unbedenklich und Schwefel ist bis heute durch nichts zu ersetzen, wenn es um Entkeimung geht.

All die Chemikalien und mechanischen Gerätschaften kann man übrigens am besten im Internet bestellen. Beispielsweise bei www.fieger.ch oder www.brauundrauchshop.ch.


Donnerstag, 3. Oktober 2013

Die erste richtige Weinlese

Mit einiger Wut im Bauch auf die blöden Viecher beschloss ich am 3.10.2013 zu ernten. Der Zeitpunkt war aber gut. Danach regnete es und wurde eiskalt. Ich hatte keine Ahnung, wieviel Trauben mich da erwarteten in Volumen und Kilogramm. Schliesslich waren es 4 Eimer voll und 30kg. Ich war überwältigt.

30kg Muscat-Bleu Trauben

Nun wurden die Trauben noch am selben Abend gewaschen und entrappt, d.h. die Beeren von den grünen Stielen entfernt. Der Waschtrog in der Waschküche eignete sich dafür. Überhaupt verlagerte sich in der nächsten Zeit mein Arbeitsplatz vom Weingarten in die Waschküche, wo es vorübergehend wie in einer Trotte roch. Jede Traube wurde von Hand entbeert und in einen neuen Kübel geleert. Alles schlechte wurde weggeworfen. Schliesslich standen da 22kg saubere Beeren.

Die gewaschenen und gerappten Beeren beim Keltern im Kunststoff-Fass

Die Beeren kamen nun ins blaue 30l Kunststoff-Fass, das speziell für die Mosterei geeignet ist. Mit einer sauberen Holzlatte wurde gekeltert, d.h. die Trauben wurden sorgfältig zerquetscht, so dass der Saft austrat. Erstaunlich, wie schnell da aus festen Früchten plötzlich nur noch ein See voll Most da ist. Aus den 22kg Beeren wurden ca. 18l Traubenmost, also etwa 8l pro 10kg.


Sonntag, 11. August 2013

Von Grün nach Blau

Mitte August, wo letztes Jahr die Trauben schon fast reif waren, ist diesmal noch alles grün. Dafür, wie man auf dem Bild sieht, eine Höllenmenge an Trauben. Die Trauben wachsen ja natürlicherweise alle nur im unteren Drittel der Rebe. Dort entlaubt man nun, indem man viele Blätter herausschneidet, damit die Sonne besser an die Trauben gelangt und nichts anfault.

die grüne Hölle ... (für nicht Motorsportfans: die berüchtigte
Nordschleife des Nürburgrings)

Innert wenigen Tagen wechselt die Farbe dann auf Blau. Nun sind die Beeren äusserlich fertig. Nur der Zucker muss noch steigen. Zur Zuckermessung kaufte ich ein Refraktometer, wo man die Oechsle-Grade einfach ablesen kann mit nur ein paar Tropfen aus einer Beere. Profi-Weintrauben bringen es bis zur Lese mindestens auf 85°Oechsle. Im Süden gerne auch mal auf weit über 100°. Da die Muscat-Bleu primär eine Tafeltraube ist, ist deren Zuckergehalt schon von  Natur aus geringer. Die dieses Jahr noch fehlende aktive Mengenreduktion (wegschneiden eines Teils der Gescheine nach der Blüte) führte zusätzlich noch zu wenig Zucker.

Farbwechsel

Ich liess die Trauben deshalb so lange wie möglich hängen. Irgend wann Anfang Oktober stiegen die Oechsle dann nicht mehr an und zudem machten sich wieder unbekannte Viecher an die unten hängenden Beeren. Obschon ich wie schon letztes Jahr die Rebenreihen mit einem Netz umhüllte. Im Quartier sind Fuchs und Dachs schon gesichtet worden. Diese Art der Mengenreduktion bringt dem Zucker natürlich nichts...

vor der Ernte



Sonntag, 14. April 2013

Die Vorbereitung auf's erste richtige Rebjahr

Ab dem dritten Jahr behandelt man die Reben immer gleich. Wie schon mal erwähnt verwende ich den Flachbogenschnitt. Dabei werden pro Stock ein oder zwei schöne einjährige Fruchtruten aus dem Vorjahr belassen und nur eingekürzt. Der ganze Rest wird ganz weggeschnitten. Dieser Schnitt fand wiederum im Februar statt. Ich entschied mich für 2 Ruten. Das bringt natürlich mehr Trauben und auch mehr Grünwerk als nur eine Rute. Die Ruten sollen nur so lang sein, dass sie sich nicht überschneiden. Und max. 8...12 Augen aufweisen.

die erste Flachbogenerziehung im April

Erst wenn es wärmer wird und die Ruten flexibler sind (heuer Mitte April) werden diese wie auf dem Bild nach unten gebogen und an den untersten Draht gebunden. Das ist eine sehr heikle Arbeit, da man das Holz zum Teil sehr stark biegen muss, ohne dass es bricht. Ich habe gemerkt, dass kleine Brüche wieder "verheilen", aber ein kompletter Bruch wäre wohl der Totalausfall der Rute. Ich habe es deshalb etappenweise gemacht. Immer wieder einige cm mehr nach unten gebunden und so mehrmals durch die Reben gegangen.

in den "Augen" entstehen die Knospen

Ab jetzt treiben die Fruchttriebe jeweils in den Augen nach oben aus. In jedem Auge wächst eine Knospe. Austrieb und Blüte verliefen grundsätzlich wie im zweiten Jahr. Das Grünzeug wuchert wie verrückt und ich schneide regelmässig unflätige meterlange Triebe weg. Allerdings fand die Blüte extrem spät erst Ende Juni/Anfang Juli statt. Das wohl wegen des schlechten Wetters im Juni.

Alle Gescheine wurden belassen. Ich brachte es nicht über's Herz, da was wegzuschneiden. Es zeigte sich im Nachhinein aber, dass ich künftig rigoros reduzieren muss, um gute vollsüsse Beeren zu erhalten.

im Sommer verschönerte ich den Weingarten mit Bodendeckern

Im Juli boten die beiden Rebreihen vor allem ein schönes Bild dank grünem schönem Wuchs. Den bis dahin immer gejäteten Umschwung bepflanzte ich nun mit Bodendeckern, die mit den Jahren das Unkraut und die Wiese zurück drängen sollen. Unmittelbar bei den Rebstöcken wird natürlich weiterhin alles gejätet und immer wieder die Erde gelockert. Wenn man düngen will, dann gibt es Beerendünger in Granulatform. Ich denke aber, meine Reben wuchern so, dass sie keinen Dünger brauchen.