Donnerstag, 29. September 2016

Immer neue Überraschungen

Weinkultivierung und -herstellung ist wirklich spannend. Positiv aber manchmal auch negativ. Ich werde - wie im Beruf auch - mental langsam abgehärtet auch gegen die schlimmsten Ereignisse.


Der Sonntag 25. September 2016 war ein Prachtstag. Ich entschied spontan, die Trauben zu lesen. Zuerst die riesigen Insektennetze entfernen. Und dann kam's zum Vorschein. Vor allem an den Rändern der Rebenreihen waren sehr viele Trauben vertrocknet. Und andere waren kurz davor. Ich weiss nicht, was das ist. Entweder trotz Netz wieder Kirschessigfliegen, die irgendwo den Eingang gefunden haben. Oder dann sind die Beeren einfach vertrocknet wegen dem sehr warmen Herbst und der späten Lese. Bei letzterem hätte ich weniger Probleme, hat die Maische doch 75°Oechsle! Für Muscat Bleu eines Amateurs ein sensationell guter Zuckerwert.



2016: wenig Beeren, aber viel Zucker

Es gibt also weiterhin kein Jahr, wo nicht irgendein ziemlich grosses Problem die Beerenmenge stark einschränkte... Diesmal sogar sehr stark. Für die minimal angestrebten 15 Flaschen muss ich mir noch was einfallen lassen. Aber die gute Seite ist, dass die Zuckerwerte jedes Jahr kontinuierlich ansteigen.


Den ganzen Nachmittag verbrachte ich dann damit, die Beeren zu waschen und jede einzeln zu prüfen, damit ja keine verfaulten ins Fass kamen. 20kg Beeren. Dann 30ml Antigel dazu, damit sich Haut und Fleisch gut auflösen. Mit dem Holzstecken keltern. Zudem stellte ich einen Hefeansatz her mit Burgunder Zuchthefe und etwas Traubenmost. Schwefel wollte ich ja diesmal nicht oder mindestens nicht am Anfang verwenden. Ein weiteres Problem war vorprogrammiert:
Die Maische, die nun 2...3 Tage auf den Hefeansatz wartete, begann sofort spontan zu gären. Eigentlich super dachte ich. Mehr Bio geht nicht. Denkste. Die Naturhefen vom Kurlimuser stanken bald nach Uhu-Kleber. Ein sehr bekanntes Phänomen, wenn schlechte Hefen im Spiel sind.


Sehr viel gelernt. Vor allem, dass das überall so gepriesene Bio-Winzern ohne Schwefel und Fremdhefe nicht so einfach ist und für Amateure vermutlich unmöglich. Ich versuchte nun die Katastrophe des Uhu-Weins mit der sofortigen Zugabe des Hefeansatzes zu umgehen. Und mindestens vorab riecht es wieder nach normalem Alkohol. Dank der Zugabe von etwas Zucker und Hefenährsalz gärt es nun wie verrückt mit meinen Burgunder Hefen.

am gären

Die nächste Überraschung kommt bestimmt.


Montag, 19. September 2016

Bald ist es soweit...

Ende August habe ich die Trauben mit dem Insektenschutznetz eingehüllt und diesmal sehr gut verankert. Das hat geholfen, jegliche Insekten und Vögel fern zu halten. Und bisher hat der Dachs nur meinen Rasen umgepflügt, um Engerlinge zu suchen. Die Reben blieben verschont...bis heute. In den letzten beiden Jahren habe ich jeweils Mitte September geerntet. Der Zucker ist jetzt bei knapp 70°Oe. Jede Beere etwas anders. Er wird wohl kaum noch steigen. Die Beeren sind physiologisch reif. Das heisst, die Rebe betrachtet sie als ausgereift. Sie fallen fast ab beim anfassen. Zum essen sind sie perfekt. Also werde ich wohl nächstes oder übernächstes Wochenende, wenn's mal trocken ist, ernten und keltern.


perfekt verhüllt

Zucker messen mit Refraktometer: jede Beere hat etwas anderen Zuckergehalt

Und hier mal meine Betriebsgeheimnisse :-)

Jahr
2013
2014
2015
2016
Erntetag
3.10.
13.9.
19.9
25.9.
Oechsle°
50
55
67
74

Das sind natürlich bescheidene Oechslegrade, aber für Muscat Bleu ist das normal. Man sieht immerhin, dass seit der ersten Ernte 2013 die Qualität gestiegen ist. Ich habe bemerkt, dass die Beeren stark streuen, von 60 bis 80°Oe. Müsste mal herausfinden, ob das eine Systematik hat. Alle Beeren auszumessen würde zwar meinem Beruf entsprechen, aber das haben sicher schon andere Oenologen und Studenten für mich gemacht...


Freitag, 26. August 2016

ruhiger August

Der August war diesmal relativ ruhig im Rebberg. Bisher keine Kirschessigfliegen. In anderen Kulturen, v.a. im Wallis, sind sie jedoch schon seit einiger Zeit am wüten. Ich gedenke deshalb, Ende August meine Reben auch wieder mit dem extrem feinmaschigen Insektenschutznetz einzukleiden. Das werde ich dann aber diesmal massiv in der Erde verankern, damit der Dachs sich nicht mehr durchgraben kann.

Die Beeren haben nun endlich komplett blaue Farbe angenommen. Sie dünken mich relativ klein. Und der Blattwuchs hat merklich nachgelassen. Sommer-Stress? Wie auch immer...




Derweil trinken wir fast jedes Wochenende mit Freunden den 2015er Kurlimuser zum Apéro (kühl aus dem Kühlschrank). Und alle sind begeistert. Der Lohn für meine fast fanatische Winzerarbeit bei zugegebenermassen nicht idealem Terroir.

Die Verzapfung ist übrigens gar nicht so schlecht wie zuvor angenommen. Die etwas dickeren Zapfen haben sich bewährt und das vorgängige Einlegen in Schwefelwasser auch. Alle Flaschen sind 100% dicht. Die teilweise ganz wenigen abgebrochenen kleinen Korkstückchen in der Flasche stören nicht gewaltig, da sie oben aufschwimmen und vor dem Servieren abgehoben werden können.


Sonntag, 10. Juli 2016

Etikettieren und Rebberg ordnen

So, und nun habe ich endlich Zeit gefunden, die Etiketten auszudrucken, auszuschneiden und mit Klebespray aufzukleben. Im kühlen Keller, wo's draussen 31°C heiss ist. Jede ist diesmal nummeriert. Und eine Magnum gibt's ja auch erstmals.
Die Zapfen sind immer noch unbefriedigend. Diesmal hatte ich sie im Schwefelwasser eingeweicht, womit sie sehr gut einzupressen waren. Aber jetzt stelle ich in einigen Flaschen abgebrochene Korkstückchen fest. Und mal sehen, wie dicht die Korken im liegenden Zustand der Flaschen jetzt dann sind. Bessere Zapfen, die aber mit meinem einfachen Verzapfer reingehen, ist eine Aufgabe für die Zukunft.

 
die erste Kurlimuser Magnum

und die restlichen 19 normalen Flaschen (die erste habe ich ja schon vor einer Woche getrunken)



Am Vortag habe ich die Reben zum ersten mal im Jahr gegipfelt. Alles, was über den obersten Draht wuchert, weggeschnitten und zudem viele seitliche Triebe, die keine Trauben tragen. Wie immer stellt man zu diesem Zeitpunkt kurz nach der Blüte die relativ starke Verrieselung fest. An den Trauben wachsen deshalb eher wenig Beeren, da die anderen während der Blüte durch Wind und Wetter abgefallen sind. Das soll ja aber Muscat Bleu typisch sein.
Ebenso habe ich gejätet und die kleinen Mäuerchen vom Wildwuchs befreit, damit man sie wieder besser sieht.

alles schön gestutzt

zerrieselte Trauben

Schon mal gab es Probleme mit Chlorose, einer Mangelerscheinung, die sich in gelben Blättern und schwachem Wuchs äussert. Nicht dass es jetzt im grösseren Stil Chlorose hätte, aber ein paar wenige Reben sind leicht gelblich. Werde deshalb demnächst wieder mal mit Hauert Pflanzenkur und Sequestrene Eisengranulat düngen.


Freitag, 24. Juni 2016

Erste Flasche 2015 zur Blütezeit

Die erste Kurlimuser Flasche 2015 wurde zu einem Pulled Pork kredenzt. Es darf auch mal amerikanisch sein. Da passt ein Kurlimuser besser dazu als ein schwerer Bordeaux, finde ich. Dazu frischer Lollo Salat aus dem eigenen Hochbeet.

Pulled Pork


Das hässlich nasse Wetter im Juni hat die Traubenblüte wohl verzögert. Jetzt gegen Ende Juni beginnen die ersten Knöllchen aufzugehen. Die nächsten zwei Wochen sind nun entscheidend für die zu erwartende Traubenmenge. Schädlich wegen Verrieselungsgefahr sind vor allem Wind, starker Regen und Hagel. Blütenstände hat's jedenfalls genügend bis jetzt.

Bei meinem Verwandten, der Önologe ist bei Bodegas Ricardo Benito in Navalcarnero (Madrid), ist die Blüte schon lange vorbei und die grünen Träubchen sonnen sich im heissen Klima. 

Vinos de Madrid - über diese Weinregion wird das "Volk" dann in 10 Jahren reden :-)



Die ersten grünen Knöllchen öffnen sich zur Traubenblüte.