Freitag, 15. September 2017

Das Schöne und das Biest

Das Schöne vorab: der 2016er Kurlimuser mausert sich zum besten aller Zeiten. Endlich die richtigen Zapfen gefunden. Viel Farbe, Frucht und Körper. Etwas Tannin. Da macht man gerne die neue Etikette. Sie soll ja jedes Jahr etwas verändert werden. Aber nicht zu stark. Diesmal ist der sehr umstrittene :-) orange Streifen einem Streifen in der Muscat Bleu Farbe gewichen. Der Rest bleibt gleich, ausser dass ich zusätzlich noch eine verkleinerte Version für meine Demi Bouteilles kreiert habe. Es gibt ja neu Magnum, Normal und Halbeli.

Mit Klebespray werden am Wochenende die Etiketten sorgfältig auf die Flaschen geklebt.




Das Schlechte zum Schluss: die wenigen nach Frost und Hagel verbliebenen Trauben und Beeren wurden in einer einzigen Nacht weggefressen. Entweder vom Dachs oder vom Fuchs. Den Dachs bzw. seine Spuren der Verwüstung hat man aber in den letzten Monaten nicht mehr gesehen. Also tippe ich fast eher auf Füchse, die hier im Quartier ein- und ausgehen. Ein schönes, nicht so scheues Reh besucht mich und meinen Rebberg auch regelmässig. Wir standen uns schon 2m Auge in Auge gegenüber, und das tagsüber. Ob eventuell sogar Rehe Gefallen fanden am Kurlimuser?

Das 2017 ist also der 100% Totalschaden. Das muss man als Winzer wohl auch mal erlebt haben. Es freut mich, dass im Winterthurer Weinland die Profis zum Teil wunderbare Trauben haben. Die waren wohl etwas weniger weit beim Frost und haben sich deshalb besser erholt als meine früh austreibenden Muscat Bleu.

So konzentriere ich mich nun auf's nächste Jahr. Gegen gewisse Naturereignisse ist man zwar machtlos, aber gegen die restlichen Gefahren will ich dann mal konsequent ankämpfen. Alles Bio natürlich. Frühzeitig Netze, ev. neue Profi-Netze kaufen. Elektrozaun etc.

Und zudem ist mein Weinkeller dank der ruinösen Weinschlacht der Händler nun prall gefüllt mit besten Gewächsen aus aller Welt. Also gar nicht so schlechte Voraussetzungen für einen gemütlichen Winter.


Montag, 24. Juli 2017

Flaschenabfüllung 2016er

Good News:
Der Kurlimuser Rebberg sieht zur Zeit sehr schön aus. Noch selten so grün und gesund. Die wenigen Trauben sind prall und beginnen mit der Véraison (Farbwechsel). Nur hat es halt sehr wenige wegen dem April Frost. Ich gehe davon aus, dass ich keinen 2017er mache. Dafür vielleicht Trauben Marmelade.

Der erste freudige Schluck vom 2016er Kurlimuser im Weinkeller

grün und gesund, aber wenig Trauben

Inzwischen fülle ich den 2016er in Flaschen ab. Getrunkene Flaschen abetikettiert, gereinigt und mit Schwefelwasser ausgewaschen. 13x 0.75l, 2x Demi Bouteille (0.375l) und eine Magnum (1.5l) stehen bereit. Die Probleme vom Herbst mit merkwürdig vertrockneten Beeren und Böckser sind passé. Der Wein schmeckt gut. So gut wie noch nie. Ich schmecke sogar erstmals sowas wie leichte Tannine. Und der Alkohol fühlt sich höher an als bisher. War da nicht mal was mit Zuckersack ausgerutscht beim einmaischen.... :-)?

Erstmals verwende ich die etwas dickeren und festeren Presskorkzapfen. Eine erste Flasche hatte ich im Herbst schon abgefüllt und sie blieb super dicht, nicht so wie früher mit den Leckagen und daraus folgender Oxidation.


Zuerst vom grossen Ballon in den kleinen und dann in die Flaschen. Hilfskellermeisterin: Tochter Caroline

sachte aber mit viel Kraft verkorken

die neuen Korken sind perfekt

Das Kurlimuser Gestell füllt sich wieder

neben meinen Vintage Weinen aus den 1960er Jahren: die neue Kurlimuser Magnum und erstmals zwei Demi Bouteilles.

Demnächst geht's dann ans Design der neuen Etiketten...


Sonntag, 28. Mai 2017

Die Natur ist unschlagbar


Vor vier Wochen lag Schnee auf meinen Reben und die zarten Blättchen an allen Augen waren erfroren. Es war ein trauriges Bild. Meine spanischen Freunde meldeten, dass auch in der nördlichen Hälfte Spaniens am 26. April Frost herrschte, der sehr viel Schaden anrichtete. Also in halb Europa. Zwei bis drei Wochen geschah äusserlich rein gar nichts. Sobald die Temperaturen nun rasant anstiegen, spriessten grüne Triebe aus allen Orten. Nur nicht vornehmlich dort, wo sie erwünscht sind - am einjährigen Holz. Weil dort üblicherweise Blüten und später Trauben wachsen.

vor allem in der Kopfregion treiben jetzt Triebe mit höchster Geschwindigkeit aus.





















Aber immerhin: mein Mikro-Rebberg grünt nun. Es kommt aus dem Stamm. Natürlich Nonsens. Diese Triebe entferne ich. Aber auch im Kopfbereich und einige wenige an den Ruten. Aus lauter Panik bilden die Pflanzen bereits Blütenstände. Vorläufig lasse ich vom Kopf an aufwärts alles wachsen. Später schaue ich dann, welche Triebe ich entferne, damit nicht zuviel Kraft fehlgeleitet wird. Viele Trauben erwarte ich nicht im 2017. Wichtig ist mir nur, dass die Stöcke keinen Schaden nehmen und vor allem, dass ich im nächsten Winter anständige einjährige Ruten habe, weil dort dann im 2018 wieder Trauben wachsen. Wohl keine leichte Aufgabe. Es geht immer um die Erziehung der Reben für's nächste Jahr. Wie bei den Kindern.









Freitag, 28. April 2017

bye bye 2017


Mit etwas Verspätung vermelde auch ich den kapitalen Frostschaden an meinen Reben. Totale Sche....

Zwar hatte ich vor der schweren Frostnacht noch Gartenflies gekauft und meine Reben damit eingepackt, aber das nützte nichts. Die meisten Augen waren dieses Jahr schon sehr früh ausgetrieben. Die Blättchen zart wie Seidenpapier und jetzt mit dem Frost fielen sie grad zu Boden. Ich war so frustriert, dass ich das Flies noch über eine Woche dran liess. Es kam ja heute noch dicker mit weiterem Frost und Schnee wie im Winter.

28. April 2017: das sind keine Kartoffelsäcke sondern im Flies verpackte Rebstöcke

Was jetzt dann mit den Reben genau passiert, wenn's endlich wärmer wird, weiss ich auch nicht so genau. Einige Recherchen haben aber gezeigt, dass sie wohl in sowas wie einen Notmodus gehen werden und trotzdem irgendwo Grünzeug wachsen wird. Aber wohl ohne Blüten und somit ohne Trauben. Aber Hauptsache sie machen Photosynthese im Sommer, damit die Stöcke überleben. Auch sogenannte Nebenaugen unmittelbar neben den Hauptaugen, die nun abgefroren sind, soll es für Notfälle wie diesen geben. Aber ob die noch leben? Schau'n mer mal.

Bis im 2019 werde ich mich wohl mit den verbliebenen Flaschen des 2015er Kurlimuser und dem gegen Sommer dann abzufüllenden 2016er begnügen müssen. Der Preis wird dadurch natürlich markant steigen :-)

What doesn't kill you makes you stronger!

Sonntag, 2. April 2017

Reben-Erziehung


Reben brauchen für optimales Wachstum und Beeren-Qualität 5 Dinge:

  • Sonnenlicht
  • Wärme
  • Nährstoffe (v.a. Stickstoff, Kalium und Phosphor)
  • Wasser
  • CO2

Die beiden ersten, Sonnenlicht und Wärme, werden bestimmt durch das lokale Klima und die geografische Lage des Rebgartens. Der Winzer kann daran nichts ändern, aber er kann die Rebe so "erziehen", dass die Voraussetzungen optimal sind. Im heissen mediterranen Klima wird er das Laub dazu benutzen, um Schatten zu spenden, zum Beispiel indem er Buschreben erzieht (Kopferziehung mit Zapfenschnitt). Im kühlen oder gemässigten Klima der Schweiz wird er hingegen dafür sorgen, dass eher wenig Laub die spärliche Sonne verdeckt. Dadurch ist auch der Pilzdruck geringer, weil die Beeren rascher abtrocknen nach Regen oder Nebel.

Die einen (links) wachsen schon fast so wie gewünscht, die anderen (rechts)
müssen im gewaltigem Winkel runter gebogen werden.

Da kann es dann mal ziemlich knacken. Aber das überleben die.

In unseren Breitengraden hat sich deshalb die Kopferziehung mit Fruchtrutenschnitt durchgesetzt, auch Guyot-Erziehung genannt. Man lässt in jedem Winter ein bis zwei letztjährige verholzte Ruten mit ca. 6...10 Augen stehen. Und jetzt im April, wo die Frühlingswärme das Holz biegsamer macht, werden die Ruten auf den untersten Draht runtergebunden. Die nun waagrecht verlaufenden Ruten ermöglichen dann, dass die neuen Triebe senkrecht in die Höhe wachsen können, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen. Dadurch und durch die sogenannte Laubarbeit des Winzers im Sommer können die Trauben optimal für die Sonne freigestellt werden.




Das Hinunterbinden ist arbeitsintensiv. Am kleinen Kurlimuserhang ist es natürlich in einer knappen Stunde erledigt. Es ist immer wieder erstaunlich, wie extrem die holzigen Zweige gebogen werden können. Dabei knackt es jedoch oft, aber die fasrigen Ruten ertragen das, ohne vollständig zu brechen.

Anschliessend habe ich alle Triebe, d.h. vor allem die winzigen Augen (=Knospen), mit einer speziellen Emulsion bespritzt. Diese besteht aus Wasser mit sogenanntem Winteröl und etwas Kupfer. Das Winteröl verschliesst die Knospen gasdicht, wodurch allfällig in ihnen überwinterte Schädlinge absterben. Das Kupfer beugt gegen Pilzbefall in der frühen Austriebsphase vor.

Alles paletti also für ein neues und erfolgreiches Kurlimuser Jahr 2017.